Investitionsanreiz lässt auf
sich warten
BFW prangert mangelnde
Förderung zur Wohnungspolitik an – Eigentümer bleiben auf sich gestellt,
Probleme ungelöst
Die staatliche Förder-, Mietrechts- und
Steuerpolitik wird den aktuellen Anforderungen an die Wohnungswirtschaft in keiner Weise gerecht –
so das Fazit der 18. Mitteldeutschen Immobilientage des BFW (Bundesverband
Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.) Anfang November 2011 in
Leipzig. Die Hoffnungen der Immobilienverbände auf eine Kehrtwende durch die
neue Bundesregierung haben sich nicht erfüllt. Die derzeitigen steuerlichen
Abschreibungsrichtlinien, die ungenügende Förderpolitik und auch die
Auswirkungen der Mietrechtsnovelle von 2001 bremsen bei potentiellen privaten
Investoren den Willen, in Mietflächen zu investieren, was erst recht in einer
einkommensschwachen und daher mietschwachen Region wie der hiesigen gilt. Dabei
sind die Aufgaben für Stadtplanung und Immobilienwirtschaft riesig angesichts
der vorhergesagten schrumpfenden Bevölkerungszahlen um zwischen 15 und 19
Prozent in Mitteldeutschland insgesamt und angesichts der klimapolitischen
Forderungen.
Schwerpunkt Innenstadt
2013 stellt der Bund seine
Städtebauförderung ein, überträgt den Ländern dafür die Verantwortung. Mit
diesem Wechsel verbunden ist natürlich in der Branche die Furcht vor weiter
schwindenden finanziellen Mitteln. „Dabei handelt es sich in diesem Bereich
nicht um Subventionen, sondern um staatliche Beteiligungen an
wohnungspolitischen Aufgaben! Ein Euro Fördergeld zieht hier 8,50 Euro privater
Investitionen nach sich“, betonte Frank Müller, Vorsitzender des BFW
Landesverbandes Mitteldeutschland zur erwähnten Tagung. Er forderte angesichts
des demografischen Wandels zugleich, staatliche Förderungen auf die Gestaltung
gut sanierter, lebenswerter Innenstädte zu konzentrieren und dies zur Grundlage
der Wohnungspolitik zu machen. Gerade in Sachsen und Thüringen, traditionellen
„Denkmal-Ländern“, gelte es zudem, dieses Kapital weiter zu erhalten und
gezielt zu fördern. Die sinkenden Einnahmen der Kommunen verschärfen die Lage
und machen die Notwendigkeit einer aktiven Förderpolitik umso deutlicher.
Rahmenbedingungen verbessern
Allein für dringend notwendige
altersgerechte Sanierungen im Wohnungsbestand seien bundesweit bis zum Jahr
2020 Investitionen in Höhe von jährlich 100 Millionen Euro nötig. Geld, das der
Bund unverständlicher Weise aus seinen Planungen gestrichen habe, so der
BFW-Präsident Walter Rasch. Mit der Revitalisierung der Innenstädte, den
klimapolitischen Zielen und dem demografischen Wandel stehe die
Immobilienbranche vor einer riesigen Herausforderung, für die sie klare,
stabile Rahmenbedingungen und finanzielle Anreize brauche. Nach dem Stopp im
Bundesrat informierte er über neue Verhandlungen in Sachen steuerlicher
Abschreibungen für energetische Sanierungen im Gebäudebestand, die zumindest
Hoffnungen machten.
Zentren im Fokus
Leipzig und Dresden können sich
über gute Prognosen freuen, hier wird weiter mit Zuzug und Bevölkerungswachstum
gerechnet und dementsprechend mit tendenziell steigenden Mieten. Große
Investoren engagieren sich daher vor allem in diesen Zentren. Demgegenüber wird
der ländliche Raum mit Klein- und Mittelstädten überproportional Einwohner
verlieren, erst recht, wenn er wie Torgau auch verkehrstechnisch weitab der
Zentren liegt. Umso wichtiger erscheint aber auch hier die Konzentration auf
die Entwicklung der Innenstädte.
Konzentration nötig
Für Torgau heißt dies, die Stadt
als Wohnstandort vor allem im innerstädtischen Bereich weiter zu etablieren,
kleinteiligen Handel und Dienstleistungen zu konzentrieren sowie die
denkmalgeschützte Altstadt als das „Hauptkapital“ im Interesse des Tourismus
(und das wird kein Einkaufstourismus sein)
besser zu vermarkten. Demgegenüber
sind derzeit aber im Bereich der Altstadt kaum noch größere, das
Wohnungsangebot verbessernde Sanierungsvorhaben zu verzeichnen. Viele
Eigentümer sind mit den dafür nötigen Investitionen ohne Fördergeld finanziell
schlichtweg überfordert - zumal das Mietniveau in unserer einkommensschwachen
Region auch für hochwertigen Wohnraum niedrig ist und es sicher auch bleiben
wird. Hinzu kommen Anforderungen aus Energieeinsparverordnung, Trinkwasserverordnung
und der Sanierungsumlage, die den Eigentümern per Gesetz Investitionen im
Wohnungsbestand abverlangen und Mittel binden, die dann für weitergehende
Sanierungsmaßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Dementsprechend bleiben auch die
eigentlich notwendigen marktgerechten Umbaumaßnahmen auf der Strecke, mit denen
schwach nachgefragte große Wohnungen zu kleineren, hochwertig ausgestatteten umgestaltet
werden könnten. Bleibt die Politik weiter untätig, bleiben wirksame
Förderansätze aus, so werden sich die Probleme in den kommenden Jahren gerade
in Klein- und Mittelstädten abseits der Zentren verschärfen, wenn
seniorengerechter Wohnraum noch stärker nachgefragt wird.
Ebenso problematisch wird sich die
schon jetzt zu verzeichnende Konzentration von sozial schwachen Bewohnern in
unsaniertem Wohnraum in Torgaus Innenstadt auswirken.